Techno war für mich nie nur Musik
Es gibt Dinge, die man nicht in Worte fassen kann, weil sie mehr bedeuten, als Worte je ausdrücken könnten. Techno ist für mich genau so etwas. Es ist nicht nur Musik – es ist meine Sprache, mein Ventil, meine Flucht. Oder besser gesagt, meine Rückkehr zu mir selbst. Doch je länger ich dabei bin, desto mehr spüre ich, wie die Welt um mich herum oft nicht versteht, was es wirklich bedeutet, diese Kunst zu leben.
Leidenschaft: Mehr als ein Hashtag
„Leidenschaft“ – ein Wort, das heutzutage so leichtfertig benutzt wird, dass es fast bedeutungslos erscheint. Viele Menschen sprechen davon, als wäre sie ein Hashtag oder ein Trend, den man in seine Social-Media-Bio packt, um Likes zu sammeln. Aber Leidenschaft ist so viel mehr.
Leidenschaft ist unbequem. Sie zwingt dich, an dir zu arbeiten, und stellt dich immer wieder vor Herausforderungen, die du vielleicht lieber umgehen würdest. Sie ist keine Komfortzone, sondern ein ständiger Antrieb, besser zu werden, tiefer zu gehen und Neues zu wagen.
Leidenschaft ist einsam. Du kannst sie kaum in Worte fassen, geschweige denn anderen erklären. Sie ist ein Teil von dir, den oft nur du selbst wirklich verstehst. Es ist diese innere Flamme, die brennt, auch wenn niemand zusieht.
Leidenschaft ist unerlässlich. Sie ist nicht da, um anderen zu gefallen, sondern um dich selbst zu erfüllen. Es geht nicht um Anerkennung oder Ruhm, sondern um das Gefühl, lebendig zu sein, wenn du dich deiner Leidenschaft hingibst.
Techno: Rückkehr statt Flucht
Manchmal frage ich mich, was die Leute sehen, wenn sie in einem Club stehen. Ist es der Bass, der die Luft vibrieren lässt? Sind es die Lichter, die in endlosen Farben blitzen? Ist es der Hype, Teil eines Trends zu sein? Für mich war Techno nie nur ein Erlebnis – es war immer etwas Tieferes.
Es war nie eine Flucht aus dem Alltag. Im Gegenteil: Es war eine Rückkehr. Eine Rückkehr zu mir selbst, zu meinen Wurzeln, zu einem Ort, an dem Zeit keine Rolle spielt und das Hier und Jetzt alles ist, was zählt.
Ich sehe mich nicht als DJ, der einfach nur Tracks spielt. Ich erzähle Geschichten. Jede Platte, die ich auswähle, hat ihren Platz. Jeder Übergang ist durchdacht, ein Teil einer Reise, die ich mit der Crowd teilen möchte. Es geht nicht darum, die Menge mit dem nächsten Drop in Ekstase zu versetzen. Es geht darum, sie für ein paar Stunden in meine Welt zu entführen – eine Welt, die nur im Moment existiert.
Das Problem mit der Szene
Doch genau diese Tiefe scheint vielen verloren zu gehen. Die Szene hat sich verändert. Heute ist sie voller Leute, die Techno als Karrieresprungbrett sehen. Die Leidenschaft scheint oft einem kommerziellen Kalkül gewichen zu sein.
DJs, die Entertainer sind. Viele spielen nicht, um eine Geschichte zu erzählen, sondern um die Crowd mit bekannten Chart-Hits bei Laune zu halten. Ihre Sets klingen wie eine Checkliste aus allem, was gerade im Trend ist.
Die Gefahr des Hochglanzes. Techno war nie dafür gedacht, glatt und berechenbar zu sein. Es ist roh, unperfekt und ehrlich. Doch der Druck, sich dem Mainstream anzupassen, hat viele Künstler dazu gebracht, sich von den Wurzeln dieser Kultur zu entfernen.
Die größte Gefahr für die Szene ist nicht der Mainstream. Es ist die Gleichgültigkeit gegenüber den eigenen Wurzeln. Warum klingt alles gleich? Warum fühlt sich vieles leer an? Weil Trends lukrativer sind als Tiefe.
Meine Antwort darauf
Ich mache da nicht mit. Ich spiele keine Tracks, die nur dafür gemacht sind, sich in Algorithmen gut zu verkaufen. Ich poste keine Selfies aus dem Club, weil ich glaube, dass meine Musik für sich sprechen sollte. Es geht nicht um Likes oder Gagen, sondern um die Verbindung, die entsteht, wenn Musik zu etwas Größerem wird als nur Schallwellen.
Es gibt Nächte, die ich nie vergessen werde. Nächte, in denen ich nicht wusste, ob der Bass oder meine Seele stärker vibriert. Genau dafür mache ich das.
- Nicht für die Bühne.
- Nicht für den Applaus.
- Sondern für den Moment, in dem alles andere verschwindet.
Ich habe nie aufgehört, ein Tänzer zu sein. Auch hinter den Decks tanze ich, fühle ich, werde ich eins mit dem Sound. Für mich ist das alles immer noch eine Art Therapie. Jeder Übergang ist eine Antwort auf eine Frage, die ich mir selbst stelle. Jede Nacht ist ein neues Kapitel.
Freiheit durch Kunst
Die Welt um uns herum wird immer lauter, immer schneller, immer kontrollierter. Doch auf dem Dancefloor zählt all das nicht. Dort bist du frei. Dort zählt nicht, wer du bist, was du machst oder wie du aussiehst. Es zählt nur, was du fühlst.
Techno ist für mich der letzte Raum, der nicht durch Konventionen eingeengt wird. Vielleicht verstehen das nicht alle. Vielleicht soll es das auch gar nicht. Aber das ist okay. Denn für diejenigen, die es spüren, ist es alles.
Ich werde weiterhin meinen Weg gehen. Einen Weg, der unbequem ist. Einen Weg, der keine Kompromisse macht. Denn solange auch nur eine Seele vibriert, weiß ich, dass es sich lohnt.
Fazit: Techno, wie es sein sollte
Techno war nie einfach. Es war nie für die Masse. Aber genau das macht es aus. Die besten Nächte sind die, in denen du nicht weißt, was dich erwartet. Die Nächte, in denen der Bass lauter ist als dein Ego und du für ein paar Stunden alles vergisst – außer dem Moment.
Manche definieren sich durch die Tracks, die sie spielen; ich definiere mich durch die Geschichten, die ich damit erzähle. Denn am Ende des Tages geht es nicht um mich. Es geht um die Musik und das, was sie in dir auslöst.
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